Die Angst zu scheitern
Ich arbeite nun seit vielen Jahren mit Athletinnen in diversen Sportschulen und ja, Wettkampfangst ist eines der häufigsten Themen überhaupt, die ich mit den meist jugendlichen Athleten/innen bearbeite. Die Angst zu versagen, die Angst im Wettkampf eigene und/oder fremde Erwartungen nicht erfüllen zu können und viele andere Befürchtungen, bereiten vielen Schlafstörungen, Bauchweh/Verdauungsschwierigkeiten, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen oder auch schweren mentalen Stress und das Stunden oder auch Tage vor dem Wettkampf.
Angst und somit auch Wettkampf-Angst ist an sich ein normales, positives Gefühl, das uns vor etwas Bedrohlichem (persönliche Einschätzung) schützen soll. Es ist also ein Gefühl mit meist defensivem Charakter, das absolut funktional ist. Die Auswirkungen der Angst sind dementsprechend, wir werden vorsichtiger. Wir denken mehr über die angstmachende Situation nach, wollen mögliche Fehler verhindern und verstärken unsere Wahrnehmung.
Im Sport und in anderen Lebensbereichen, wo Leistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort und bei oft unterschiedlichen Bedingungen abgerufen werden müssen, ist Angst vor den negativen Folgen eines Misserfolges, aber fast immer kontraproduktiv. Der automatische Bewegungsablauf, der über viele hunderte von Trainingsstunden zum Automatismus wurde, ist durch eine Angst mit Fokus auf Dingen die schief gehen können, gestört. Eine positive Nervosität unterscheidet sich von negativer Wettkampf-Angst genau darin, dass der Fokus eben nicht überwiegend auf das mögliche Scheitern gerichtet ist und existentielle Angst keine Rolle spielt.
Wie kann geholfen werden?
Zunächst müssen sich Athleten, ihre Trainer, Betreuer und Eltern bewusst werden, dass negative Wettkampfangst (mögliche psychovegetative Störungen, mentaler Stress, Störungen des Bewegungsapparates, der Wahrnehmung und Konzentration während des Wettkampfes) kein unabänderliches Schicksal ist. Man soll und muss daran arbeiten, denn zum einen ist es einfach nur dumm, wenn harte Trainingsarbeit durch die sträfliche Vernachlässigung eines Leistungsfaktors (Kopf) zunichte gemacht wird. Zum anderen nimmt das Selbstvertrauen großen Schaden, wenn über einen längeren Zeitraum ständig Misserfolge eingefahren werden (ganz abgesehen vom erheblichen Leidensdruck, den viele Leistungssportler/innen dabei erleben und den körperlichen Belastungen, die durch eine vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen entstehen).
Die Arbeit an der eigenen Mentalen Stärke ist so gesehen gesundheitlich, sportlich und aus Gründen der Persönlichkeitsentwicklung nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig.
Wer seine Angst besiegen will, muss ihr in die Augen schauen.
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